Unterhaltspflichten
Unterhaltspflichten können unter anderem unterteilt werden in:
- Unterhalt zwischen der älteren und der jüngeren Generation (zwischen Eltern und Kindern, zwischen Großeltern und Enkelkindern, zwischen Urgroßeltern und Urenkelkindern),
- Unterhalt zwischen Ehepartnern bzw. zwischen ehemaligen Ehepartnern (gleiches gilt für eingetragene Partnerschaften gleichen Geschlechts).
Zuständigkeit der tschechischen Gerichte
Die Zuständigkeit von Gerichten in der Europäischen Union wird durch die Verordnung (EG) Nr. 4/2009 des Rates über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Angelegenheiten im Zusammenhang mit Unterhaltspflichten geregelt. Diese Verordnung soll die Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen aufgrund familiärer Beziehungen, Elternschaft, Ehe oder Verwandtschaft in grenzüberschreitenden Fällen erleichtern.
Die tschechischen Gerichte sind befugt, die Frage der Unterhalt zu lösen, wenn:
- der Schuldner seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Tschechischen Republik hat, oder
- der Gläubiger seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Tschechischen Republik hat, oder
- nach tschechischem Recht das tschechische Gericht für Verfahren über den persönlichen Status zuständig ist und gleichzeitig der Unterhalt mit diesem Verfahren verbunden ist, oder
- das tschechische Gericht für Verfahren in Bezug auf die elterliche Verantwortung zuständig ist und gleichzeitig der Unterhalt mit solchen Verfahren verbunden ist, wenn diese Zuständigkeit ausschließlich auf der Staatsangehörigkeit einer der Parteien beruht, oder
- der Gläubiger und der Schuldner die Zuständigkeit des tschechischen Gerichts vereinbaren und gleichzeitig der Gläubiger kein Kind unter 18 Jahren ist.
Wenn keine der oben genannten Bedingungen erfüllt ist, sind die tschechischen Gerichte unter bestimmten Bedingungen zuständig, z.B. wenn beide Parteien die tschechische Staatsangehörigkeit besitzen.
Die tschechischen Gerichte sind auch dann zuständig, wenn sie bereits einmal über denselben Unterhalt entschieden haben, z.B. wenn sie vorschlagen, ihn zu erhöhen oder zu verringern, wenn der Gläubiger seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Tschechischen Republik hat. Diese Einschränkung gilt nicht, wenn:
- die Parteien die Zuständigkeit des Gerichts vereinbart haben, außer im Fall von Unterhaltsverpflichtungen gegenüber einem Kind unter achtzehn Jahren, oder
- der Gläubiger sich einer anderen Gerichtsbarkeit unterwirft, oder
- das zuständige Gericht nicht entscheiden kann oder seine Zuständigkeit ablehnt, um die Entscheidung zu ändern oder eine neue Entscheidung zu erlassen, oder
- die Entscheidung in dem Mitgliedstaat, in dem ein Verfahren zur Änderung der Entscheidung oder ein Verfahren für eine neue Entscheidung eingeleitet werden soll, nicht anerkannt oder für vollstreckbar erklärt werden kann.
In Fällen betreffend minderjährige Kinder, für die die Verordnung (EG) Nr. 4/2009 nicht anwendbar ist, ist das tschechische Gericht gemäß dem IPR-cz zuständig, wenn:
- ein minderjähriges Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Tschechischen Republik hat, oder
- ein minderjähriges Kind tschechischer Staatsbürger ist.
Anwendbares Recht
Was die Bestimmung des anwendbaren Rechts betrifft, verweist die Verordnung (EG) Nr. 4/2009 auf das Haager Protokoll vom 23. November 2007 über das für Unterhaltspflichten geltende Recht (im Weiteren nur „Haager Protokoll von 2007“).
Das für Unterhaltspflichten das anwendbare Recht stellt fest:
- ob, in welchem Umfang und von wem der Gläubiger Unterhalt verlangen kann,
- inwieweit der Gläubiger rückwirkend Unterhaltsansprüche geltend machen kann,
- die Grundlage für die Berechnung der Unterhalt,
- wer berechtigt ist, ein Unterhaltsverfahren einzuleiten, und
- die Verjährungsfrist für Unterhaltsansprüche.
Obwohl das anwendbare Recht etwas anderes vorsieht, werden bei der Bestimmung des Unterhaltsbetrags die Bedürfnisse des Gläubigers und die Ressourcen des Schuldners berücksichtigt, sowie etwaige dem Gläubiger gewährte Entschädigungen anstelle regelmäßiger Unterhaltszahlungen.
Unterhaltspflichten richten sich gewöhnlich nach dem Recht des Staates des gewöhnlichen Aufenthalts des Gläubigers. Im Falle einer Änderung des gewöhnlichen Aufenthalts des Gläubigen gilt ab dem Zeitpunkt der Änderung das Recht des Staates des neuen gewöhnlichen Aufenthalts.
Im Falle von Unterhaltspflichten der Eltern gegenüber ihren Kindern und umgekehrt der Kinder gegenüber ihren Eltern unterliegt das anwendbare Recht vielen besonderen Bestimmungen, die dem Gläubiger ihre Unterhaltsansprüche auch in Situationen garantieren sollen, in denen die Gläubiger keinen Unterhalt aufgrund des ursprünglich festgelegten anwendbaren Rechts erhalten würden. Dies sind die folgenden Fälle:
- der Gläubiger kann nach anwendbarem Recht keine Unterhaltszahlungen vom Schuldner erhalten, daher gilt das Recht des zuständigen Gerichts,
- der Gläubiger hat beim Gericht des Staates, in dem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, Klage erhoben, dann wird das Recht des zuständigen Gerichts angewandt. Falls der Gläubiger jedoch nach dem so festgelegten Recht vom Schuldner keinen Unterhalt zu erhalten kann, gilt das Recht des Staates, in dem der Gläubiger seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
In Bezug auf die Unterhaltspflicht zwischen Ehegatten und ehemaligen Ehegatten gilt die allgemeine Regel zur Bestimmung des anwendbaren Rechts, wenn:
- keine Partei Einwände hat, und zugleich
- das Recht eines anderen Staates, insbesondere der Staat des letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts, keinen engeren Zusammenhang mit der Ehe hat.
Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber Kindern
Nach tschechischem Recht ist die Unterhaltspflicht durch Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs geregelt. Die Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber dem Kind entsteht:
- für die Mutter bei der Geburt des Kindes,
- für den Vater unter Anwendung der Vaterschaftsvermutung.
Die Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber dem Kind erlischt, wenn das Kind fähig ist, seine Lebensbedürfnisse zu befriedigen. Die Unterhaltspflicht kann enden, bevor das Kind das 18. Lebensjahr vollendet hat, und sie kann bis ins Erwachsenenalter fortbestehen, und die Unterhaltspflicht kann jederzeit in der Zukunft erneuert werden, wenn festgestellt wird, dass das Kind die Fähigkeit verloren hat, sich selbst zu ernähren.
Beide Eltern sind verpflichtet, zum Unterhalt ihrer Kinder beizutragen, weil dann, wenn es mehr Schuldner mit der gleichen Beziehung zum Gläubiger gibt, die Höhe der Unterhaltsverpflichtung jedes Gläubigers dessen finanziellen Situation, seinen Fähigkeiten und seinem Potenzial im Vergleich zur finanziellen Situation und den Fähigkeiten und dem Potenzial anderer entspricht und dies dem Kind das Recht gibt, am Lebensstandard seiner Eltern teilzunehmen.
Einflussfaktoren der Eltern auf den Umfang der Unterhaltsverpflichtungen sind:
- eine freiwillige Leistung,
- der Umfang der Kinderbetreuung,
- das Alter,
- der Gesundheitszustand,
- die Bildung,
- die Arbeitsgewohnheiten und Erfahrungen der Eltern sowie die Arbeitsmarktsituation,
- die finanzielle Situation der Eltern (Einkommen der Eltern, Wert des beweglichen und unbeweglichen Vermögens),
- der Lebensstil und -standard der Eltern.
Bei der Bestimmung der Höhe der Unterhaltsverpflichtungen sind grundsätzlich vor allem die berechtigten Bedürfnisse des Kindes zu berücksichtigen, die von folgenden Faktoren beeinflusst werden:
- das Alter,
- der Gesundheitszustand,
- die körperliche und geistige Reife,
- die Hobbies und Interessen des Kindes,
- die Methode zur Vorbereitung auf zukünftige Berufe (Grundschule, Sekundarschule oder Universität) und
- und andere Faktoren.
Aufgrund dieser Tatsache unterscheidet sich der Umfang der Unterhaltsverpflichtung für kleine Kinder und für Universitätsstudenten. Die legitimen Bedürfnisse des Kindes berücksichtigen nicht nur die üblichen oder Standardbedürfnisse des Kindes, sondern auch alle individuellen Bedürfnisse des Kindes, die erfüllt werden müssen, damit das Kind richtig gedeihen kann.
In der Tschechischen Republik ist die Höhe des Unterhalts nicht genau gesetzlich festgelegt, es gibt aber eine inoffizielle Tabelle zur Bestimmung des Unterhaltsbetrags vom Justizministerium, die schon im Jahr 2010 herausgegeben worden ist. Die empfohlenen Sätze gelten für Standardfälle, d.h. für Schuldner mit maximal drei Kindern, für die er eine Unterhaltspflicht hat.
Der Unterhaltsumfang gemäß der Tabelle sollte wie folgt sein:
- Kind im Alter von 0 bis 5 Jahren - Unterhalt von 11 bis 15 % des Einkommens des Schuldners,
- Kind im Alter von 6 und 9 Jahren - Unterhalt von 13 bis 17 % des Einkommens des Schuldners,
- Kind im Alter von 10 bis 14 Jahren - Unterhalt von 15 bis 19 % des Einkommens des Schuldners,
- Kind im Alter von 15 bis 17 Jahren - Unterhalt von 16 bis 22 % des Einkommens des Schuldners, und
- Kinder über 18 Jahre - Unterhalt von 19 bis 25 % des Einkommens des Schuldners.
Obwohl die Verwendung der Tabelle zur Bestimmung des Unterhaltsumfangs rechtlich nicht durchsetzbar ist, stützen sich die Gerichte in vielen Fällen bei der Bestimmung des Unterhaltsumfangs auf sie, aber in der aktuellen Rechtsprechung des Verfassungsgerichts wird betont, dass der Unterhaltsbetrag außerhalb des Rahmens des grundlegenden gesetzlichen Unterhalts in der Zuständigkeit des Elternteils liegt.
Grundsätzlich sollte der Unterhalt in regelmäßigen Beträgen erfolgen und ist einen Monat im Voraus zu zahlen. Unterhalt kann ab dem Datum des Beginns des Gerichtsverfahrens geleistet werden, der Unterhalt für Kinder kann auch rückwirkend für die Zeit bis zu drei (3) Jahre ab dem Datum des Beginns des Gerichtsverfahrens erbracht werden.
Unterhaltspflicht eines geschiedenen Ehegatten
Ein geschiedener Ehegatte hat Anspruch auf Unterhalt, wenn:
- der geschiedene Gläubiger nicht imstande ist, sich selbst zu ernähren,
- dies ihren Ursprung hat in der ehe hat oder dies im Zusammenhang mit der Ehe steht, und
- der Unterhaltsanspruch durch das Alter und den Gesundheitszustand des Schuldners gerechtfertigt ist.
Folgende Faktoren beeinflussen den Umfang der Unterhaltsverpflichtung:
- die Dauer der Ehe,
- die seit der Scheidung verstrichene Zeit,
- der Grund, warum der geschiedene Gläubiger keine angemessene Arbeit gefunden hat, obwohl es keine ernsthaften Hindernisse dafür gab,
- ob der Gläubiger durch die ordnungsgemäße Verwaltung mit seinem Eigentum Unterhalt erhalten könnte, und
- ob der Gläubiger sich während der Ehe um den Familienhaushalt gekümmert hat.
Wenn sich die geschiedenen Ehegatten nicht auf Unterhalt einigen können, kann derjenige Ehegatte, der:
- nicht die Ehezerrüttung besonders verursacht oder der der Scheidung nicht zugestimmt hat, und
- der von der Scheidung ernsthaft betroffen ist,
das Gericht auffordern, dem anderen ehemaligen Ehegatten eine Unterhaltspflicht aufzuerlegen, sofern sichergestellt ist, dass beide geschiedenen Ehegatten im Wesentlichen den gleichen Lebensstandard haben.
Der Anspruch des Ehegatten auf diesen Unterhalt kann nur für einen angemessenen Zeitraum als gerechtfertigt angesehen werden, nicht länger als drei (3) Jahre nach der Scheidung. Ein Ehegatte, der häusliche Gewalt gegen den anderen Ehegatten begangen hat, hat keinen Anspruch auf diesen Unterhalt.